Ich verstand die Welt nicht mehr. Da scheiterte das Millionen-Projekt. Alle Rettungsmaßnahmen blieben erfolglos. Und selbst unser bester und erfahrenster Projektleiter bekam es nicht in den Griff. Dabei hatte er doch das viel größere Fusionsprojekt mit 25 Mitarbeitern über zwei Jahre so erfolgreich geleitet.

Es gibt vier Wege in die Zukunft, nicht nur klassisch und agil

Meine Überzeugung war lange, dass jedes IT-Projekt erfolgreich wird, wenn ein paar grundlegende Rahmenbedingungen erfüllt sind. Ein klares Ziel, am besten SMART (steht für: simple, measurable, achievable, realistic, time dependent) formuliert. Ein Projektteam mit den nötigen fachlichen und technischen Kompetenzen. Ein Auftraggeber und eine Steuerungsgruppe, die entscheiden und Verantwortung übernehmen. Und natürlich ein Projektleiter. Je größer das Projekt ist, umso erfahrener sollte er sein.

An dem Tag, als das millionenschwere IT-Projekt scheiterte, schwand diese Überzeugung bei mir. Ich begann nach der Ursache zu forschen. Externe Experten fanden auch einige handwerkliche Fehler, aber schlüssig war die Analyse für mich nicht. Das viel größere Fusionsprojekt hatte vergleichbare Rahmenbedingungen gehabt, war aber sehr erfolgreich abgeschlossen worden.

Ein paar Jahre später lernte ich Effectuation kennen. Und dass es vier Wege in die Zukunft gibt, die sich grundlegend unterscheiden. Je nach Gestaltungsspielraum und Ungewißheit kann man mit einer Vision, einem Plan, einem agilen, iterativen Vorgehen oder mit Effectuation am ehesten Erfolg haben.

Nur mit klarem Ziel und bekanntem Weg kann Planen erfolgreich sein

In den meisten Unternehmen, die ich kenne, wird die Zukunft geplant. Es gibt etablierte Verfahren, um mit kleinen Störungen zurechtzukommen. Bei klassischen IT-Projekten sind das z.B. Risikomanagement und Steuerungsgruppen. Im agilen Projektmanagement z.B. „Product Owner“ und Planungen nur für den nächsten kurzen Sprint.

Ein Plan macht aber keinen Sinn, wenn etwas völlig Neues entstehen soll oder die nötigen Kompetenzen, Methoden oder Techniken nicht bekannt sind. Die Zukunft kann nicht genau beschrieben werden. Klingt sehr logisch. Das Fusionsprojekt war erfolgreich, weil ein sehr guter klassischer Projektleiter das Ziel und den Weg dahin genau beschreiben konnte. Das gescheiterte Millionen-Projekt war Neuland. Sowohl fachlich als auch von der Technologie.

Leider reagieren viele Menschen und Organisationen auf unbekannte Herausforderungen mit Planung. Dies ist auch verständlich. Mit guter und genauer Planung wurden sie erfolgreich. Also versuchen sie der Ungewißheit zu begegnen, in dem sie noch detaillierter planen. Das ist zumindest meine Erfahrung.

Effectuation als persönliche Schlüsselkompetenz für IT-Projektleiter

Mit meiner Kollegin Bettina Brendle habe ich die vier Wege in die Zukunft genutzt und daraus ein Modell für IT-Projekte entwickelt. Mit diesem Modell kann die passende Vorgehensweise für neue IT-Projekte gefunden werden. Schon vor Start des Projektes ist also klar, ob eher eine klassische oder agile Vorgehensweise passt oder Effectuation genutzt werden sollte.

Das Modell basiert auf zwei einfachen Fragen. Erstens: Habe ich alle Mittel selber in der Hand, um die Zukunft zu gestalten? Zum Beispiel interne Prozesse zu verändern. Zweitens: Kann ich die Zukunft gut beschreiben? Dazu gehört z.B., ob alle Stakeholder dieselbe Erwartung an die Lösung haben und ob die technische Lösung klar beschreibbar ist. Effectuation ist erfolgreich, wenn die Zukunft gestaltbar und in hohem Maße ungewiss ist. Ansonsten sind Planung oder agiles Vorgehen sinnvoller.

Die Methode ist aber alleine nicht entscheidend. Entscheidend ist, dass die gesamte Projektleitung des Projektes auch so vorgehen kann. Bei klassisch planerisch oder agil ist es kein Problem, diese Personen zu finden. Anders ist das bei Effectuation. Hierbei geht es nicht nur um eine Methode. Es geht vor allem um die Haltung zur Zukunft.

Der ungewissen Zukunft kann am besten jemand begegnen, der sie als gestaltbar erlebt. Das ist zumindest das Ergebnis der Effectuation-Forschung. Die Entscheidungsprinzipien und Methoden können leicht gelernt werden. Die Haltung ist oft nicht so leicht zu lernen. Deswegen sollte sie ein wichtiges Auswahlkriterium werden. Ein kleiner Online-Test kann hierbei helfen. Hier können Sie ihn gleich für sich ausprobieren? Oder Sie testen ein Projektteam.

Und in der GIZ haben wir auch solche Leute gefunden. Die komplexen schwierigen Projekte, die wir ihnen nun anvertrauen, laufen erstaunlich lautlos und erfolgreich.