Ich sitze mit entfernten Bekannten an einem Tisch. Wir unterhalten uns intensiv über die Erziehung unserer Kinder. Unsere engsten Freunde haben Mädchen. Wir sind die einzigen mit zwei Jungs und stoßen mit unseren täglichen Erziehungsherausforderungen bei ihnen nur auf Unverständnis. Die Bekannten, mit denen wir jetzt reden, haben auch zwei Jungs. Es tut gut, sich mal mit jemand mit ähnlichen Erfahrungen auszutauschen.

Ein Tag voller Gespräche bringt Unterhaltung und neue Perspektiven

Jedes Jahr an Vatertag wird in dem kleinsten Stadtteil von Mainz, meinem Wohnort, das Feuerwehrfest gefeiert. Die Straße vor dem Feuerwehrhaus wird gesperrt und es werden Bänke aufgestellt. Die Landfrauen bringen Kuchen. Die Feuwehrkapelle freut sich auf ihren großen Auftritt. Und bei gutem Wetter ist von Mittag bis zum späten Abend das halbe Dorf auf den Beinen.

An diesem Tag ist Reden angesagt. Mit meinen besten Freunden. Mit Bekannten, die man immer mal wieder bei Festen sieht, und auch mit Fremden. Es wird viel belangloses Zeug geredet. Aber immer wieder gibt es auch ernsthafte oder tiefergehende Gespräche. Wie zum Beispiel das oben Beschriebene mit den Bekannten, die ich eigentlich nur bei solchen öffentlichen Festen in Mainz-Drais treffe.

Ich freue mich immer auf das Fest. Ich mag es, sich in einer freundlichen, netten Atmosphäre mit anderen auszutauschen. Meistens lerne ich neue Perspektiven kennen. Oft ergibt sich ein spannender Austausch. Was andere bewegt, was sie für Pläne haben und Erwartungen an das Leben. Und wie man es schaffen kann, seine Pläne anzugehen. Das ist manchmal wie ein gegenseitiges Coaching.

Im Kreise von Bekannten fühle ich mich wohl und schöpfe Kraft

Ich glaube, dass es wichtig ist, ein paar gute Freunde zu haben. Freunde, mit denen ich reden kann, wenn ich Unterstützung brauche. Und die auf mich zukommen, wenn sie Unterstützung brauchen. Wie wichtig ist es, gute Bekannte und Nachbarn zu haben? Ich habe mir wenig Gedanken darüber gemacht. Einfach die gute Zeit und die Anregungen der Feste mitgenommen.

Heute weiß ich, dass die Einbettung in eine Gemeinschaft eine enorme Wirkung auf das eigene Wohlbefinden hat. Ja sogar die Resilienz stärkt. Sehr anschaulich und wissenschaftlich fundiert beschreibt dies Gregor Hasler in seinem Buch „Resilienz: Der Wir-Faktor“. Er beschreibt, dass der zunehmende Stress in der Bevölkerung einhergeht mit der Abnahme der familiären und regionalen Beziehungen.

Die entscheidenden Faktoren, die zu einer guten Resilienz beitragen, sind Familie, Freunde, Nachbarn, geographische Nähe, die Qualität und Dauer von Beziehungen und die Komplexität von Kommunikation. Eine schöne Erklärung für meine Lust, in Mainz-Drais wohnen zu bleiben. Ein schönes Argument mich auch im nächsten Frühling wieder auf den Vatertag und das Feuerwehrfest zu freuen.