Ich bin fast oben. In neun Metern Höhe auf dem freistehenden dünnen Pfosten. Es wackelt. Wie gut, dass ich durch Seile gesichert bin. Jetzt nur noch auf die Plattform stellen. Ich habe sie direkt vor meinen Augen. Sie ist so groß wie eine Pizza. Ich klammere mich an die oberste Sprosse. Warum habe ich mich bloß auf diese Aktion zum Teambuilding eingelassen? Ich habe Höhenangst und kann mich nicht auf den Pfosten stellen. Ich lasse mich in die Sicherung fallen, lieber vor der Gruppe versagen….

Klassisches Teambuilding erzeugt keine Hochleistungsteams

Kennen Sie das sehr einfache lineare Phasenmodell zu Teams? Da heißt es, ein Team durchlebt vier Phasen: Forming, Norming, Storming und Performing. Früher habe ich geglaubt, dass die Norming- und Storming-Phasen durch Teambuilding befördert werden und man schneller in die „Performing“-Phase kommt.

Ich fand, das klingt ganz sinnvoll. Spielerisch lernt man in Teambuilding-Workshops sich zu vertrauen. In meinem Eingangsbeispiel hielten die anderen Teammitglieder meine Sicherungsseile. Oder auch sehr beliebt ist es, gemeinsam Aufgaben zu lösen. Die Idee ist, wenn das bei so kurzen überschaubaren Spielen klappt, dass es dann im Arbeitsalltag bei den echten Problemen auch besser klappt.

In meinen Teams wirkte das aber nicht. Manchmal passierte sogar das Gegenteil. Die, die immer den Ton angeben, sind auch bei den Spielen dominant. Vertrauen entsteht nicht, es werden eher Strukturen gestärkt. Ich kenne kein Team, das nach einem Teambuilding Event zurück zum Arbeitsplatz kommt und sagt, wir rocken die Welt.

Echte Hochleistungsteams sind in Resonanz

Andreas Kuffner, Olympiasieger im Ruderachter 2012, erzählte aus seiner ganz persönlichen Perspektive, wie sie es als Team schafften, das Finale zu gewinnen. Obwohl sie zum ersten Mal in dem Jahr in der Mitte des Rennens nicht führten. Sie mobilisierten Energien, weil sie menschlich „in Resonanz“ waren.

Vier Jahre später war er mit drei anderen aus dem Goldachter wieder im Finale der olympischen Spiele. Diesmal verloren sie (und gewannen Silber). Aus seiner Sicht war der große Unterschied, dass sie als Team in der Vorbereitung nur Techniktraining gemacht hatten. Als Menschen sind sie sich nicht näher gekommen. Im großen Unterschied zu 2012.

Das Phänomen Resonanz beschreibt der Soziologe Hartmut Rosa. Ich finde, dass es ein sehr faszinierendes Phänomen ist. Als engagierter Sportler und beruflicher Teamplayer erlebe ich immer wieder Momente, in denen wir Höchstleistungen liefern. Dies sind Momente, in denen ich in Resonanz mit dem Team bin.

So funktioniert das bessere Teambuilding

Damit Resonanz in einem Team entsteht, benötigt es viel mehr als nur Teambuildung und Erweitern des eigenen Handlungsraumes. Es braucht Vertrauen und vielleicht sogar Nähe. Eine schöne Check In-Übung, die ich gerne am Anfang von Workshops einsetze, verdeutlicht, worauf es ankommt.

In dieser Übung stellen sich alle Teilnehmer im Kreis auf. Der erste fängt an, tritt einen Schritt in die Mitte. Er sagt seinen Namen, macht eine Geste, die seine Stimmung beschreibt, benennt und erläutert seine Stimmung. Dann tritt er zurück und alle anderen treten einen Schritt vor und wiederholen, was er gesagt hat. Und so weiter, bis alle dran waren.

Das könnte zum Beispiel so aussehen: „Ich bin der Eric.“ Geste: trauriges Gesicht und Hand aufs Herz. „Ich bin ein bisschen traurig, weil gestern mein Hamster gestorben ist.“ Oder: „Ich bin die Andrea.“ Geste: Weit ausgebreitete Arme und strahlendes Lachen. „Und freue mich, dass wir heute einen ganzen Tag am Thema arbeiten können.“.

Diese einfache Übung macht Spaß und bewirkt zweierlei. Jeder weiß, dass Eric traurig ist. Wenn er mal abwesend wirkt, wird das jeder auf den toten Hamster zurückführen und nicht auf sich beziehen. Zweitens werden durch die gemeinsamen Gesten die Spiegelneuronen aktiviert.

Vertrauen und Empathie sind wichtige Voraussetzungen für Resonanz

Übungen wie die oben beschriebene stellen eine empathische Grundhaltung her. Neben Vertrauen eine wichtige Voraussetzung für Resonanz. Wer sein Team in Resonanz bringen will, wird also auch auf der Ebene der Haltung und Werte arbeiten. So wird Kulturarbeit ganz konkret und praktisch.

Kennengelernt habe ich das Konzept der Resonanz bei Fibonacci&Friends. Dies ist übrigens ein Modell, dass sehr gut skaliert. Es ist auf 2er-Beziehungen anwendbar, auf Teams und auch auf große Organisationen oder sogar Staaten.

Ich rate schon seit einigen Jahren von klassischen Teambuilding Maßnahmen ab. Die Zeit ist sehr viel besser investiert, wenn man versucht mit sich selbst und dem Team in Resonanz zu kommen. Deswegen gehört dies auch zu meinem Methodenbaukasten.